Das gefährlichste Gift in der Moderation

ist fast unsichtbar. Da ist keine Schlange, kein Maiglöckerl und keine Asbestwand. Glyphosat ist noch auffälliger, weil es wenigstens absichtsvoll ausgestreut wurde.

Das gefährlichste Gift in der Moderation ist die Kollektivfrustration. Eine Kollektivfrustration ist wie ein Sickerwitz, nur weniger lustig. Was ist das Wesen eines Sickerwitzes? Er wird ausgesprochen, nix passiert und Minuten später beginnt die erste Person zu gluckern, weil das Witzige am Witz durchgesickert ist. Sickerwitze sind eine mächtige Intervention, weil anders. Das Offensichtliche, Offenkundige, haha – ex und hopp.

So ist das auch mit der Kollektivfrustration und das macht einen Teil der Gefahr aus. Menschen die Glyphosat ausstreuen und Menschen die Sickerwitze erzählen, wissen was sie tun und was sie damit erreichen wollen. Die wirkliche Dramatik bei der Kollektivfrustration entsteht dadurch, dass sie für alle Beteiligten unbewusst abläuft.

Jetzt  sollte ich endlich damit herausrücken, was ich unter einer Kollektivfrustration verstehe. Also: eine Kollektivfrustration ist die Chance als Moderation mit einer scheinbar unauffälligen Bemerkung die sensiblen Knöpfe im Idealfall aller Teilnehmer so zu drücken, dass die Menschen diesen Untergriff/Übergriff kognitiv nicht wahrnehmen (also spontan nicht benennen können). Die Seelen lehnen sich allerdings auf und – das ist die Gemeinsamkeit zum Sickerwitz –  der Widerstand bzw. die Erregung zeigt sich dann erst Minuten oder Stunden später.

Damit ist jeder Zusammenhang mit dem Auslöser verloren und  die Äußerung der Teilnehmer (neutral gesagt) erscheint als autonomer Widerstand und nicht als Reaktion in einem Prozess.

Wie zeigt sich das im Alltag der Moderation?  Ich habe hunderte Mikrotrainings und Mikrofacilitations in meinen Ausbildungsseminaren beobachtet und mit den Teilnehmern analysiert. Das schleichende Gift sind meistens Bemerkungen, die negative Zuschreibungen wie: „Ihr seid“, Gebote: „Ihr müsst“ oder Verbote: „Ihr dürft nicht“ enthalten. Menschen die diese Sätze sagen, können diese Aussagen oft mit ihren unbewussten Glaubenssätzen gut verbinden, auch wenn ihnen kognitiv klar wäre, dass diese Ansprache ihren Zielen nicht besonders dienlich ist.

Das wirklich Gefährliche an der Kollektivfrustration ist, dass für alle Beteiligten die Verbindung zwischen Reiz und Reaktion nur mehr in reflektierten Settings bewusst wird. Wenn Menschen sich in Moderationen oder auch in Seminaren auflehnen, dann kann das einfach daran liegen, dass sie sich schlecht behandelt fühlen, ohne dass es ihnen selbst bewusst wird.

Was tun? Antidot?

1., 2. und 3.: Eine wertschätzende innere Haltung Menschen gegenüber erwerben. Dann kommt die entsprechende Sprache von selbst. Ohne rosa Wolken und ohne Wattebäuschchen, einfach vom Herzen.

4. Wenn es unrund läuft sich immer zuerst fragen „Welchen Beitrag könnte ich geleistet haben?“. Mit gesundem Selbstbewusstsein und ohne Selbstgeißelung.

5. Manchmal hilft es nachzufragen und sich einfach zu entschuldigen

Sprache ist Energieträger. Es ist gut sich bewusst sein, dass es nicht wurscht ist was man sagt und wie man es sagt.

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