Es ist kein Geheimnis. Das Wohnprojekt Wien ist ein Teil meines Lebens und ein reicher Schatz meiner Erfahrungen.
Dragon Dreaming spielte von Beginn an bei uns eine große Rolle. Die Pioniergruppe des Hauses verwirklichte die erste Anwendung in großem Stil dieses smarten, partizipativen Werkzeuges in Österreich.
Heute nützen wir weniger die konkreten Methoden der Projektplanung, wir leben ja schon fast 10 Jahre hier. Wir schöpfen nach wie vor aus dem Bewusstsein für die Bedeutung des Feierns, das wir von Dragon Dreaming mitgenommen haben. Das beginnt bei ganz kleinen Angewohnheiten, wie mit dem „stillen Applaus“ aus der Gebärdensprache, das »Bravo«, »Super« oder auch »danke« ausdrückt. Wir feiern aber auch mit groß angelegten Gemeinschaftsaktionen.
Feiern ist für uns nicht eine bestimmte Tätigkeit. Es ist eine Haltung: Viele Dinge, die wir tun, verwandeln wir in eine Feier. Zum Beispiel die Wahlen in die Vereinsfunktionen. Dazu gehört aber auch die Minga, die zweimal im Jahr stattfindet. „Minga“ kommt aus der Region der Anden und bedeutet, dass Menschen gemeinsam etwa tun, das ihrer Dorfgemeinschaft dient – zum Beispiel, dass sie gemeinsam etwas bauen oder ernten.
Wir organisieren eine Minga für den Frühjahrs- und eine für den Herbstputz des Hauses. Eine Gruppe sorgt im Vorfeld für alle notwendigen Werkzeuge und Materialien. Sie sammelt auch alle Aufgaben, die an diesem Tag erledigt werden sollen.
Die Minga selbst beginnt mit einer Jause. Danach werden die anliegenden Aufgaben vorgestellt und auf einer Pinnwand eingetragen. Nun legen sich alle ins Zeug: Jeder trägt sich bei der Aufgabe ein, die er oder sie mit übernehmen möchte – und dann geht’s los. Sobald die Aufgabe erledigt ist, wird sie abgehakt und es geht an eine neue Tätigkeit.
In der Zwischenzeit ist eine Gruppe mit Kochen beschäftigt. Nach drei Stunden ist Badeschluss, alle beenden ihre Aufgaben und kommen zum Essen und Trinken zusammen. Nach der Hauptspeise gehen wir noch einmal durch wer was gemacht hat und alle applaudieren und feiern die Nachbarn für ihr Engagement.
Die Minga ist dadurch nicht mehr in erster Linie Arbeit. Sie ist eher ein Fest. Erstens, weil es schon mit Essen, also einer Belohnung, losgeht. Zweitens, weil es so eine tolle Gemeinschaftserfahrung ist, wenn es überall im Haus summt und brummt. Drittens, weil wir das Haus streicheln und feiern, wenn wir es reparieren und putzen. Und viertens, weil wir dann noch mal zusammenkommen und essen und feiern und allen Beteiligten ›Danke‹ sagen. Zuguterletzt ist es eine der wenigen Zeiten wo sich viele von uns gleichzeitig treffen und wir uns so richtig als Gemeinschaft spüren.
Eigentlich kann man viele Gelegenheiten nützen, um im Sinne von Dragon Dreaming zu feiern. Auch aus einem Hausputz kann ein Fest werden, dass Wertschätzung, Freude und Dankbarkeit ausdrückt.